- Physiknobelpreis 1971: Dennis Gabor
- Physiknobelpreis 1971: Dennis GaborDer britische Physiker erhielt den Nobelpreis für die Erfindung und Entwicklung der holografischen Methode.Dennis Gabor, * Budapest 5. 6. 1900, ✝ London 9. 2. 1979; Studium und Promotion in Berlin, Entwicklung der Hochdruck-Quarz-Quecksilberdampf-Lampe bei der Siemens & Halske AG, 1934 Emigration nach England, ab 1959 Professor für angewandte Elektronenphysik in London.Würdigung der preisgekrönten LeistungDennis Gabor war schon als Schüler von den Theorien Ernst Abbes über das Mikroskop und von der von dem französischen Physiker Gabriel Lippmann (Nobelpreis 1908) entwickelten Methode der Farbfotografie fasziniert. Deshalb studierte er an der Technischen Hochschule Berlin Elektrotechnik. Der begabte Ingenieur nutzte in dieser Zeit jede freie Minute, um die Vorlesungen so berühmter Wissenschaftler wie Albert Einstein (Nobelpreis 1921) und Max Planck (1918) zu hören.Begeisterung für die Physik der KommunikationNach der Einwanderung nach England war Gabor als ungarisch-deutscher Emigrant nicht an der britischen Kriegsforschung beteiligt worden, da er den Geheimhaltungsbestimmungen nicht genügte. So konnte er ab 1934 nahezu unbehelligt im Forschungslabor des Elektrokonzerns British-Thomson-Houston arbeiten. Hier durchlebte er nach eigener Einschätzung nach dem Krieg seine wissenschaftlich fruchtbarsten Jahre. Er interessierte sich für alle Arten der Informationsübertragung und arbeitete an der Verbesserung des Elektronenmikroskops und einer effektiveren Telefonübertragung. Nebenbei entwickelte er ein System für die stereoskopische Kinematografie. 1946 veröffentlichte er seine wegweisende physikalische Kommunikationstheorie.Die Idee zur Holografie wäre ohne diesen theoretischen Hintergrund wahrscheinlich nicht entstanden. Seine Versuche, die in den Phasen der Lichtwellen enthaltene Information zu nutzen, sind damals von vielen Physikern nicht ernst genommen worden. 1948 begann Gabor mit der Verwirklichung der zunächst Wellenfront-Wiederaufbau genannten Technik. Es hatte ihn vor allem gestört, dass Fotografien nur einen Teil der Lichtinformationen speichern und wiedergeben. Eine Schwarzweißaufnahme reproduziert die Effekte der Amplitudenunterschiede der einfallenden Wellenfront. Bei Farbaufnahmen kommen lediglich weitere Wellenlängen hinzu. Eine bestimmte Wellenlänge besteht aber aus Amplitude und Phase. Diese zweite charakteristische Welleneigenschaft, die die Information über die Tiefe einer fotografierten Szene liefern könnte, geht verloren. Deshalb besitzt ein Bild keine dreidimensionale Geometrie. Gabor löste das Problem, indem er die Phasenunterschiede sichtbar machte.Mangel an kohärentem LichtSein erstes holografisches Instrument war ein einfaches Lichtmikroskop mit nur 150-facher Vergrößerung. Eine höhere Auflösung scheiterte am fehlenden kohärenten Licht, das aus Wellen gleicher Phase und Amplitude besteht. Erst als der US-amerikanische Physiker Theodore Harold Maiman 1960 den ersten Laser entwickelt hatte, konnte Gabors Idee der holografischen Fotografie verwirklicht werden. Gabor schlug vor, ein Hologramm mit den den Elektronen zugeordneten Wellen zu verwirklichen, um anschließend mit optischen Strahlen die vom bestrahlten Gegenstand ausgehende Wellenfront zu rekonstruieren. Dadurch konnten die bei der Verwendung elektronischer Linsen entstehenden Verzeichnungen vermieden werden. Die ersten Versuche waren jedoch nicht überzeugend. Erst 1968 gelang es einer japanischen Arbeitsgruppe, einen in einem Substrat gelösten Goldpartikel von zehn Nanometer Durchmesser holografisch abzubilden.Gabor nannte seine Erfindung Hologramm, vom griechischen hólos für ganz und graféin für schreiben. Denn die belichtete Platte enthält die gesamte Information der eingestrahlten Lichtwellen. Das Prinzip ist einfach. Ein durch ein Linsensystem aufgeweitetes Laserlichtbündel bestrahlt ein Objekt, dessen reflektierte Wellenfront eine fotografische Platte belichtet. Das am Objekt ungestreut vorbeigehende Laserlicht wird von einem Spiegel reflektiert und trifft ebenfalls auf die lichtempfindliche Schicht. Die Wellenfront des Objekts und die des ungebeugten Laserlichts überlagern sich. Die Interferenzmuster werden auf der Platte festgehalten und ergeben das Hologramm.Unter dem Mikroskop ist nur ein Muster feinster Linien und Kreise zu erkennen, mit denen das Auge nichts anfangen kann. Zur Wiedergabe des Bilds wird, unter Beibehaltung der Geometrie der Aufnahme, ein mit dem Laserstahl kohärentes Licht auf das Hologramm geworfen. Da die Platte nicht nur eine bestimmte Ansicht des Objekts festhält, sondern die optischen Daten aller denkbaren Ansichten, lässt sich das Objekt von allen Seiten als virtuelles Bild betrachten, vorausgesetzt man bewegt sich im Rahmen des Laserlichtbündels. Genau wie bei der Betrachtung eines realen Gegenstands verändert sich, je nach Standort, die Perspektive. Holografische Rekonstruktionen in natürlichen Farben sind möglich, wenn das Objekt bei der Aufnahme des Hologramms gleichzeitig mit verschiedenfarbigem Laserlicht beleuchtet wird. Die verwendeten Fotoplatten müssen aus einer mehrere Millimeter dicken Fotoemulsion mit hohem Auflösungsvermögen bestehen.Virtuelle Bilder befruchten die ForschungAls die Königliche Kunstakademie in London im März 1977 zur Ausstellung mit dem Titel »Phantastisches Licht« einlud, war das eine Sensation. Scheinbar wirkliche Gegenstände, wie Teetassen oder Wasserhähne, sahen die Besucher als ein Nichts, durch das man hindurchgreifen konnte. Jenseits dieser spektakulären Schau war die Holografie von Anfang an ein wichtiges Werkzeug der Forschung. Sie wird vor allem zur Beobachtung schnell ablaufender Prozesse großer räumlicher Tiefe eingesetzt, die sich so nachträglich vermessen und auswerten lassen. Verbrennungsvorgänge in Motoren können damit präzise untersucht werden. Durch doppelte Belichtung sind exakte Vermessungen geringfügiger Verformungen und Bewegungen von Werkstoffen möglich, ebenso die Darstellung von Strömungsvorgängen in Gasen und Flüssigkeiten. Auch holografische Datenspeicher sind in der Entwicklung. Die Holografie hat von der Anatomie bis zur Funktechnik viele Bereiche der Wissenschaft befruchtet. Nicht zuletzt begeistern sich viele Künstler für diese faszinierende Technik.U. Schulte
Universal-Lexikon. 2012.